Sänger und Songwriter TONI im Interview: „Ich hab den Blick in den Abgrund gebraucht“

In den letzten Jahren hat der Sänger und Songwriter TONI sein Leben um 180 Grad gedreht: Er nahm Abschied von seiner dunklen Vergangenheit und fand seinen Frieden im Glauben. Der Auslöser für sein Umdenken war sein persönlicher „Tag X“, nachdem auch sein aktuelles Album benannt ist. Eine halbseitige Gesichtslähmung – Heilungschancen unklar – im Juli 2020, die ihm Essen, Sprechen und Singen unmöglich machte, holte ihn auf den Boden der Tatsachen zurück. Der Blick in den Abgrund half ihm, sein altes Leben hinter sich zu lassen und neu durchzustarten.

Wir haben nun mit dem Sänger und ehemaligen Kinderstar im Interview gesprochen und TONI hat uns mehr über seinen Lebenswandel, die harte Arbeit, das Schlagerimage loszuwerden und seine neue Musik, die er selbst Heart-Pop nennt, erzählt.

 

Mit „Tag X“ hast du dein neues Album veröffentlicht. Was bedeutet das Album für dich?

TONI: Das Album bedeutet mir die Welt. Es ist wie ein Tagebuch meiner letzten zwei Jahre, das ich nun allen zeige. Es ist mit Abstand das persönlichste, emotionalste und vermutlich auch ehrlichste meiner drei Studioalben.

Gibt es einen Song, der dir besonders am Herzen liegt?

TONI: „Als keiner mehr da war“, der letzte Song des Albums, ist gewissermaßen ein Rückblick, der erklärt, wie all die Stories der elf anderen Songs zueinander passen: Ich besinge darin meine Kindheit, dass ich kein Wunschkind war, meine Eltern zeitig auseinander gegangen sind. Meine Jugend, Mobbing in der Schule, dass mir meine erste Liebe fremdging. Und dass aus alledem ein tiefes Selbstwertproblem entstanden ist, welches ich mit Affären, Partys und Drogen zu verdrängen versuchte.

Was war dein persönlicher „Tag X“?

TONI: Im Juli 2020 wurde mir eine halbseitige Gesichtslähmung diagnostiziert. Meine komplette rechte Gesichtshälfte quittierte den Dienst, ich sah entstellt aus und konnte nicht mehr normal reden oder essen, geschweige denn singen. Die Heilungschancen waren unklar. Dabei entwickelte sich eine Angststörung, die ich erst mit externer Hilfe in den Griff bekam. Ich habe diesen Blick in den Abgrund gebraucht, um über mein Leben nachzudenken und mich zu fragen, ob das, was ich getan habe, meinem moralischen Kompass entspricht.

Nach deiner Erkrankung hast du dich um 180 Grad gedreht und im Glauben deinen Frieden gefunden. Blickst du noch ab und zu auf dein altes Leben zurück? Was würdest du heute anders machen?

TONI: Ich denke, ein Rückblick von Zeit zu Zeit ist wichtig. Ich brauche das mahnende Beispiel meiner „wilden Jahre“, um zu wissen, dass ich nie wieder dorthin zurück möchte. Heute würde ich meinem 18-jährigen Ich sagen: „Sei du selbst und steh zu deinen Werten. Beschäftige dich mit dir und deiner Vergangenheit, anstatt vor ihr wegzulaufen. Und stoße die Menschen nicht von dir, die dich eigentlich von Herzen lieben.“

Gibt es etwas, das du an deinem früheren Leben vermisst?

TONI: Nichts. Absolut nichts.

Als Kind bist du in Shows von Florian Silbereisen als „De klaane Fugficht“ aufgetreten. Was hat dir geholfen, das Volksmusik-Image loszuwerden?

TONI: Ich habe in den letzten neun Jahren kontinuierlich und beharrlich an meiner Musik gearbeitet und mich nicht von meinem Weg abbringen lassen. Mittlerweile weiß man in der Szene ziemlich sicher, dass „TONI“ nicht mehr für Volksmusik steht. Aber es war hart, vor allem am Anfang. Diverse Veranstalter haben mich damals abgelehnt, aus Angst, es könnte dem Image ihrer Events schaden, mich im Line-Up zu haben. Das ist heute anders.

Glaubst du, deine Karriere als Kinderstar hat dir eine gute Grundlage für das Musikbusiness gegeben oder dich eher daran gehindert, im Pop-Genre ernst genommen zu werden?

TONI: Von meiner frühen Bühnenerfahrung habe ich sicher profitiert. Aber ansonsten hat es meine Vita lange Zeit eher erschwert. Nicht nur, dass ich als Kind in einem völlig anderen Genre unterwegs war, sondern ich hatte auch noch einen damals sehr bekannten Papa – Thomas „Rups“ Unger, damals Frontmann von „De Randfichten“. Jeder kleine Erfolg wurde dem schnell zugeschrieben, so nach dem Motto: Das ist nur so, weil er „der Sohn von“ ist. Das hat weh getan und ich habe mich dabei oft nicht gesehen gefühlt. Aber es hat mich auch umso mehr motiviert, es den Leuten zu beweisen.

Wie geht es jetzt bei dir weiter? Hast du schon Pläne für dein nächstes Release?

TONI: In den nächsten Wochen erscheinen noch einige Akustikversionen zu Songs meines aktuellen Albums. Parallel dazu schreibe ich schon wieder an neuen Songs, die es schon nächstes Jahr zu hören geben soll. Und dann geht es hoffentlich auch wieder mit der ganzen Band auf die Festivalbühnen. Darauf hab ich richtig Bock.

 

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