Mareen Eichinger ist unser Girlboss und seit 13 Jahren im Musik-Business unterwegs. Sie hat bereits für Labels wie Universal, Sony Music und Warner sowie Künstler wie Jason Derulo, Snoop Dogg, Kelly Clarkson oder Bazzi gearbeitet. Kaum eine hat den Wandel in der Musikbranche so intensiv miterlebt wie sie. Wir baten Mareen zum Interview, damit sie die meistgestellten Fragen, die wir bei macheete von Künstlern erhalten, einmal für uns beantwortet.
Hallo Mareen, du bist jetzt seit 13 Jahren im Bereich Musikpromotion bzw. Pressearbeit für Musiker unterwegs. Was hat sich seitdem verändert?
Mareen Eichinger: Es hat sich natürlich in über einem Jahrzehnt eine ganze Menge verändert. Die Musik-Branche ist stets in einem großen Wandel. Die größte Veränderung ist wohl, dass sich Musik-PR enorm professionalisiert hat. Wo es früher quasi nur eine Handvoll Promoter gab und die Presse beinahe alles veröffentlicht hat, was man ihnen in die Hände gegeben hat, ist der Job als Promoter bzw. PR-Berater heute oft mit dem eines Versicherungsvertreters gleichzusetzen. Und das bedeutet: Klinken putzen. Das mag hart klingen, ist aber tatsächlich die Wahrheit. Das Internet bietet eine unkontrollierbare Flut an Musik, Medien und Content, welche niemand bewältigen kann, weder der Journalist, noch der versierte Leser. Hier ist es unser Job für Künstler bzw. Musiker zu sprechen, sie sichtbar zu machen und ihnen bei den wichtigen Leuten Gehör zu verschaffen. Unsere Arbeit hat sich in diesem Sinne kaum verändert, aber die Gegenseite bietet viel mehr Gegenwind als zuvor, wenn auch sich die Vielfalt und die Chancen für sehr viele Musiker und Bands dadurch heute zum positiven gewendet hat.
Was meinst du damit genau?
Mareen Eichinger: Ich würde behaupten, dass Promo und PR damals nur sehr wenigen Musikern und Bands vorbehalten waren. Sehr lange war es Labelarbeit und daher etwas Elitäres und wer war damals schon auf einem der großen Labels? Die Chancen sind in den letzten zehn Jahren unglaublich gewachsen. Das fing damit an, dass Musik plötzlich im Kinderzimmer anstatt in großen Tonstudios produziert werden konnte. Weiter ging es, dass es digitale Vertriebe gab wie recordjet, die es Künstlern ermöglichte, ihre Musik ohne ein Major-Label im Rücken zu veröffentlichen und endete damit, dass Musikstreaming-Dienste in Europa es ermöglichten, Musik jederzeit und überall zu konsumieren. Sicherlich ist einiges nicht positiv, gerade wenn man auch ein bisschen nostalgisch ist. Aber die Chancen und das meinte ich anfänglich, sind durch diese Entwicklungen für jedermann gestiegen. Musik machen, sie zu verbreiten und damit möglicherweise unfassbar erfolgreich zu werden, ist für jeden möglich geworden. Schaut man sich die HipHop-Szene in Deutschland an, findet man etliche Beispiele hierfür.
Du hast vor 13 Jahren auch für HipHop-Medien geschrieben und deine ersten Künstler, die du betreut hast, waren Rapper. Was hast du da so erlebt?
Mareen Eichinger: Unfassbar viel und ich bin sehr dankbar, dabei gewesen zu sein. Ich fühle mich im nachhinein betrachtet schon als ein kleiner Teil davon und habe vor allem eines: sehr viel gelernt. Alles fing in Wien an, wo meine Mitbewohnerin für Künstler wie Prinz Pi oder Massiv Fotografien erstellt hat und ich sie dabei begleitet habe. Da kam bei uns schnell die Frage auf, wer kümmert sich eigentlich um die Promo, wenn eine CD veröffentlicht wird oder jemand auf Tour geht. Die Idee war da für mich schon geboren, doch ich studierte zu Ende und lernte erstmal in einer Berliner Agentur das Handwerk. In Berlin hatte ich dann eine Interviewreihe und habe jede Woche Rapper oder Bands wie Marteria, Casper, Die Orsons oder Kollegah interviewt. Alles total unkompliziert. Ich habe die Künstler über MySpace oder Facebook angeschrieben, dann hat man sich kurz getroffen oder telefoniert und gequatscht. Damals war Rap überhaupt nicht Mainstream und weit weg von Chartplatzierungen und es war eine kleine Welt, in der sich fast jeder kannte. Eine schöne Zeit. Dann habe ich angefangen für Berliner Rapper Pressearbeit zu machen. Mein allererstes Projekt war das Album von Hammer & Zirkel. Daraus ist eine tolle Freundschaft entstanden, die bis heute anhält. Patrick Thiede, damaliger Produzent, ist heute ein unglaublich erfolgreicher Macher der Deutschrap-Szene. Das hat er natürlich nicht mir zu verdanken, sondern vor allem seinem Ehrgeiz und Knowhow.
Was sind heutzutage die wichtigsten Herausforderungen für Musiker und Bands?
Mareen Eichinger: Wichtig ist es, nicht eindimensional zu denken. Die meisten kommen zu uns und erwarten, wenn wir Pressearbeit machen, sind sie nach vier Wochen auf Spotify in den wichtigsten Playlisten und erfolgreich vertreten. Musik ist vergleichbar wie ein Produkt und das muss in erster Linie vermarktet werden. Das mögen die meisten nicht hören, denn Musik ist für sie das Kostbarste was sie haben und das kann ich absolut nachvollziehen. Dennoch, der gesamte Musikmarkt war noch nie so überladen wie heute und da kommt zuerst die ganze große Frage auf: Was macht meine Musik so besonders? Im Marketing spricht man vom USP, dem Alleinstellungsmerkmal. Wo will ich hin? Wo sind meine Fans?
Wie wichtig ist professionelle Pressearbeit für Labels und Musiker?
Mareen Eichinger: Sicherlich ein wichtiger Schritt von vielen. Ich sage unseren Bands und Musikern immer: PR ist nicht der Schlüssel allein. Heutzutage zahlt auch eine gute Social Media Präsenz auf Instagram, Facebook, YouTube und Co. auf das Konto der Künstler ein. Sich eine eigene Fanbase aufzubauen, ist heute vielleicht sogar noch wichtiger als je zuvor. Während früher Journalisten und Redakteure Musiker und Bands zu Superstars machen konnten, sind es heute die Fans. Daher reicht es eben nicht mehr aus, Musik zu machen, sie an ein paar Magazine und Zeitungen zu schicken und dann abzuwarten. Musiker müssen proaktiv arbeiten und Fans, Medien und ihre Umwelt auf die Reise mitnehmen. Ein sehr gutes Netzwerk an Experten, anderen Musikern und Mensche, die in der Welt unterwegs sind, ist natürlich auch hier super wichtig.
Was würdest du Newcomern empfehlen?
Mareen Eichinger: Eine Strategie für PR, Promo wie Social Media und Playlisten-Pitching entwickeln und dann MACHEN. Wir erleben bei macheete immer wieder Künstler, die unglaublich gute Musik produzieren, aber nicht wissen, wo sie anfangen sollen und dann warten sie zu lange, zweifeln an sich selbst und am Ende veröffentlichen sie einfach aus dem Bauch heraus. Das Ergebnis ist dann meistens enttäuschend.
Und wie kann so eine Strategie aussehen?
Mareen Eichinger: In der Praxis hat sich die Single-Strategie bewährt. Während früher ein ganzes Album mit einer Single angeteasert wurde, veröffentlichen Künstler heutzutage so viele Singles wie möglich bevor eine EP oder das Album kommt. Das Ziel dabei ist, bei den Hörern stets präsent zu bleiben und nicht den Anschluss zu verlieren. Etabliert hat sich diese Vorgehensweise vor allem seit die Musik-Streamingdienste wie Spotify und die daraus resultierenden Playlist-Kultur am Markt sind. Man muss natürlich immer unterscheiden: Bin ich ein Superstar wie Beyonce oder Drake, dann mach ich sowieso was ich will, aber bin ich das nicht, muss ich mich natürlich den Gepflogenheiten des Marktes anpassen und erstmal Gehör finden. Oder man ist als Künstler so crazy und macht sein Ding, dass das schon wieder so einzigartig und verrückt ist, dass man schnell eine gewisse Aufmerksamkeit bekommt.
Welche Rolle spielt Social Media dabei?
Mareen Eichinger: Eine ziemlich große Rolle. Früher haben Künstler zwischen den Alben kein Lebenszeichen von sich gegeben, sich möglichst rar gemacht, um dann mit einem großen Knall wieder zu kommen. Heute macht man genau das Gegenteil. Durch Instagram und Co. wird versucht eine konstante Bindung zwischen Künstler und Fan aufrechtzuerhalten und durch stetige Release ein Song nach dem anderen veröffentlicht. Wenn ein Song von zehn dann durchstartet, kann das große Album kommen – so die Theorie. Also eine komplett andere Vorgehensweise, die es dem Künstler kaum erlaubt, sich zurückzuziehen. Alben spielen gerade im Streaming kaum eine Rolle mehr und wir reden hier wieder nicht über Justin Bieber oder Ariana Grande. Gerade die jüngere Zielgruppe kauft keine Alben mehr, sie streamen einfach Tracks über YouTube oder Spotify. Für Künstler gilt es zu verstehen bzw. zu hinterfragen: Wer sind meine Fans? Wo finde ich sie? Und wie nehmen sie meine Arbeit wahr?
Du würdest Künstlern also empfehlen nur noch Singles zu veröffentlichen?
Mareen Eichinger: Ja und Nein. Singles sind wichtig, gerade für Newcomer. Aber letztlich machen sie den Künstler selbst auch nicht immer zufrieden, denn er will ja auch etwas wie ein Gesamtkunstwerk erschaffen. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten wie zum Beispiel zwei bis drei Singles plus eine EP herauszubringen. Das ist mittlerweile einer der Standards in der Musikbranche. Für den Künstler bringt es mehrere Chancen seine Songs in den Medien und bei den Playlisten vorzustellen. Zudem kann man sich dennoch auf einzelne Songs konzentrieren. Mit der Spotify-Strategie können Musiker, die noch kein Album oder keine EP veröffentlichen wollen, alle 4 oder 6 Wochen eine Single veröffentlichen. Hier kann man gut und schnell testen, welche Songs ankommen und welche nicht. Einige veröffentlichen sogar alle 14 Tage eine neue Single. Die klassische Album-Strategie bearbeiten wir heute dennoch sehr oft. Aber über einen viel längeren Zeitraum als früher. Meistens werden 5 bis 6 Singles über mehrere Monate veröffentlicht, bevor das Album dann erscheint. Dabei geht es darum, einen gewissen Buzz zu kreieren und jede Single als Chance für PR, Social Media Content und Playlisten-Pitching zu nutzen. Wir merken auf jeden Fall, dass das Interesse bei den Medien schon größer ist, wenn eine Album-VÖ im Raum steht.
Viele Künstler wollen noch in die Print-Medien. Wie wichtig ist die Kombination aus Print- und Online-PR?
Mareen Eichinger: Wir leben in einer digitalen Welt und sind damit seit Corona mehr denn je verbunden. Das ist, glaube ich, innerhalb der Pandemie wohl jedem klar geworden. Auch wenn es natürlich unfassbar traurig ist, dass es in den vergangen Jahren so viele Printmedien im Bereich Kultur und Musik nicht geschafft haben, ist es nun einmal der Lauf der Dinge. Damit müssen wir alle leben und wir richten danach unsere Arbeit aus. Wir fokussieren uns auf Online-PR, dennoch bemustern wir Print-Magazine sowie TV- und Radio-Redaktionen auch. Deutschland ist immer noch ein sehr reiches Land an Print-Medien. Teilweise gibt es mehr als je zuvor. Vergleicht man die Anzahl der Publikumszeitschriften, gab es 2020 über 1.570 Titel. 1997 waren es nur knapp über 1.000 Titel. Im Bereich der Tageszeitungen sieht es da leider etwas anders aus. Auch hier sollte man hinterfragen: Wo finde ich meine Zielgruppe? Wo muss ich PR machen, um diese zu erreichen? Genau das und vieles mehr, erörtern wir mit unseren Künstlern am Anfang, um gemeinsam an einer Strategie und dem Promoplan zu arbeiten.
Was sind häufige Fehler, die von Musikern oder Labels bei einem Release gemacht werden?
Mareen Eichinger: Da gibt es nur eine Antwort: die Zeit. Wir erleben immer wieder, das bei uns eine Woche vor Veröffentlichung der Single nach einem Angebot angefragt wird. Letztlich versuchen wir immer, zu unterstützen, wo wir können, aber eine wohlüberlegte Strategie wird nicht über Nacht geboren. Ein weiterer Klassiker ist auch, dass die Single oder das Album angekündigt wird, Promo gebucht, aber am Ende das Video oder sogar das ganze Album noch nicht fertig ist und dann alles verschoben wird. Das ist eigentlich Standard. Ich kann nur raten, wenn es möglich ist, alles in einem großen Abstand voraus zu produzieren, um sich dann entspannt auf die Promo zu konzentrieren. Ich kann mir vorstellen, dass man so auch als Künstler seine Veröffentlichung besser genießen kann. Aber ich weiß auch, dass die Theorie immer einfacher erklärt ist, als dann die tatsächliche Umsetzung.
Welche Künstler betreut ihr bei macheete?
Mareen Eichinger: Wir betreuen Künstler aus den verschiedensten Genres. Sei es Pop, Singer-Songwriter, Dance und House bis hin zu Rock, HipHop oder Indie. Früher war es angesagt, sich als PR-Agentur auf ein Genre zu spezialisieren. Das finde ich aus der heutigen Perspektive nicht mehr wirklich passend, denn Medien selbst sind kaum noch wirklich Genrefixiert. Natürlich gibt es immer noch einzelne Fachmedien, die nur über HipHop oder nur über Rock berichten, aber auch der Tagesspiegel schreibt heutzutage über Rapper oder in der Glamour wird ein Pop-Album vorgestellt. Das ist das Schöne: Musik hat in den vergangenen Jahren viele Mauern eingerissen und wer an diesen festhält, wird nicht weit kommen. Ich sage immer: Unser Handwerk ist bei fast jedem Genre das Gleiche und nach 13 Jahren haben wir überall unsere Kontakte. Natürlich gibt es auch Künstler und Bands, die super speziell sind und genau diese Expertise benötigen. Da wir ein größeres Team sind, haben wir einzelne Expertisen in den vergangen Jahren für die jeweiligen Genres aufgebaut und können verschiedene Themen aus diesem Grund heraus bedienen. Aber ich weiß auch, dass wir für einige etwas zu Mainstreaming sind. Damit können wir dennoch gut leben.
Was passiert, wenn ich mit macheete zusammenarbeite?
Mareen Eichinger: Am Anfang sollte ein grober Fahrplan stehen. Wann wird was veröffentlicht. Was ist as Ziel? Wer ist die Zielgruppe? Dann möchten wir gern Hörproben haben und uns auch optisch einen Eindruck vom Künstler oder der Band machen. Wenn uns gefällt, was wir hören bzw. sehen, unterbreiten wir meistens ein individuelles Angebot, gefolgt von einem Telefonat, wo letzte Fragen geklärt werden. Wenn es dann zu einer Zusammenarbeit kommt, erstellen wir einen Promoplan, wo genau erläutert wird, was wir wann machen unter Beachtung der einzelnen Veröffentlichungen. Dann erstellen wir eine eigene Presse-Lounge für den Künstler oder die Band auf unserer Website, wo alle Infos wie Biografie, Cover, Fotos und die zukünftigen Pressemitteilungen zu finden sind. Und dann, ja, dann beginnt die eigentliche Arbeit: Pressemitteilungen, Video-Bemusterung, persönliches Follow-Up bei den Medien, Content-Erstellung für die Medien wie zum Beispiel ein Listicle oder Generic Interview, Album- oder EP-Bemusterung und vieles mehr. Zusätzlich übernehmen wir für einige Künstler auch das Social Media Marketing. Das heißt wir schalten über den Zeitraum der VÖ Performance Ads für einzelne Singles oder das ganze Album.
Und wie wird man als Künstler oder Band bei euch aufgenommen?
Mareen Eichinger: Am liebsten ist es uns, wenn uns Künstler vorab ein paar Infos samt Hörproben schicken. Dann können wir daraufhin ein individuelles Angebot erstellen und planen, wie eine Zusammenarbeit aussehen könnte. Wir haben auf unserer Website ein Kontaktformular, wo man uns erreicht, aber auch per E-Mail sollte es klappen.
Was würdest du jedem Künstler als Letztes mit auf dem Weg geben?
Mareen Eichinger: Ich weiß, dass es für Künstler oder Bands nicht einfach ist, sich Gehör zu verschaffen. Die Konkurrenz ist groß, der Markt überschwemmt und die Covid-Pandemie macht es nicht einfacher. Die Kultur liegt am Boden und es tut mir weh, das mit anzusehen. Die Frage, die sich jeder stellen sollte: Was macht mich einzigartig und wie schaffe ich es, dies der Welt zu zeigen? Ich habe einige Künstler gesehen, die es trotz der Umstände geschafft haben aufzufallen. Oft sind es die, die sich nicht nach einer Single ein Wunder erhoffen, sondern diejenigen, die durchhalten. Also mein Tipp: Durchhaltevermögen, Kreativität und natürlich weiterhin gute Musik, die von Herzen kommt.
Du möchtest deine Musik bei macheete promoten lassen und uns vorab per E-Mail kontaktieren? Dann schick uns ein paar Hörproben und wir melden uns bei dir. Hier findest du ein paar Infos, welche PR-Leistungen wir anbieten.