Nachdem sein Leben eine unerwartete Wendung genommen hat, wollte sich der Cottbuser Rapper ELO wieder mehr auf die Musik konzentrieren. Nach zwei Jahren Arbeit erscheint nun am 21. September 2018 sein Debütalbum „Drive“ . Vor der Veröffentlichung haben wir ihm ein paar Fragen zu seiner Musik, seiner Heimat und seiner Inspiration gestellt. Gerne stellen wir euch das Interview lizenzfrei zur Verfügung.
Wie lange bist du schon im Musikgeschäft zu Hause?
ELO: Im Grunde begleitet mich die Musik seitdem ich denken kann. Schon als kleines Kind haben mich Menschen fasziniert, die andere mit ihrer Musik unterhalten. Mit 13 Jahren habe ich dann die ersten Texte geschrieben. Hier und da ist mal ein Track entstanden, aber damals hatte ich noch nicht den nötigen „Drive“ und auch nicht den Mut, das ernsthaft zu verfolgen.
Was war ausschlaggebend dafür, dass du jetzt Hip Hop machst und rappst?
ELO: Ich habe im Alter von zwölf Jahren im CD-Regal meiner großen Schwester „Temples of Boom lll“ von Cypress Hill entdeckt. Das war die Initialzündung – seither hat mich Rap nicht mehr losgelassen. Ich finde die Sprache ist das Fenster zu den Gedanken und so ist Rap in seinen verschiedenen Spielarten für mich einfach die perfekte Kunstform meine Sicht auf die Welt zu artikulieren.
Du hast zwei Jahre gebraucht bis dein Album „Drive“ fertig war. Worauf bist du besonders stolz?
ELO: Im Endeffekt habe ich mir den Weg zu meinem ersten Album komplett alleine freigeschaufelt – vom ersten geschriebenen Wort bis zum fertigen Gesamtkonzept. Ich musste mir also erstmal ein Umfeld aufbauen, in dem ich halbwegs professionell Musik machen konnte. An dieser Stelle möchte ich meinem Producer MonstaPat danken, der mit mir diesen Weg gegangen ist. Dazu kommt, dass ich das alles neben meinem Vollzeitjob durchgezogen habe und dadurch zum Glück die Möglichkeit hatte, etwas von meinem „täglich Brot“ in die Musik zu stecken.
Was war deine größte Inspiration für deine Songs?
ELO: Zuallererst ist da die persönliche und zwischenmenschliche Ebene, bestehend aus eigenen Erfahrungen und Erlebtem. Hier hat mich eine sehr negative Erfahrung an einen Wendepunkt gebracht. Anstelle Hochzeit und Familie stand ich plötzlich alleine da. Aus dieser Krise ist dann ein innerer Antrieb entstanden und daher rührt auch der Titel des Albums. Auf musikalischer Ebene ziehe ich mir im Generationenkonflikt zwischen Boom-Bap und Afro-Trap das Beste aus beiden Welten. An The Cratez kommt man nicht vorbei, die sind sehr beeindruckend. Aber auch die Produktionen von David & Eli, The Krauts, The Breed oder KitschKrieg haben mich sehr inspiriert.
Und jetzt lebst du quasi den „Drive“?
ELO: Ja, mittlerweile ist „Drive“ meine eigene kleine Lebensphilosophie geworden. „Drive“ ist ein Sinnbild für diesen inneren Antrieb, für den Glauben an seine eigenen Stärken und die Kraft, seine eigenen Ziele und Pläne in die Tat umzusetzen. Das lebe ich musikalisch, beruflich und auch privat. Ich habe für mich herausgefunden, dass Ziele extrem wichtig sind. Ohne Fokus und ohne Richtung trifft man manchmal komische Entscheidungen.
Du stammst ursprünglich aus Cottbus und hast der Stadt einen Track „Cottbus – Hassliebe“ gewidmet. Was bedeutet der Song für dich?
ELO: Wie der Songtitel schon sagt, verbindet mich ein zwiespältiges Verhältnis zu meiner Heimatstadt. Einerseits fühle ich eine tiefe Verwurzelung und Verbundenheit, ich denke oft an die schönen Seiten der Stadt. Natürlich bin ich auch glühender Anhänger des FC Energie Cottbus. Auf der anderen Seite ist Cottbus streckenweise einfach trist. Es mangelt an Jobs und Perspektiven, weshalb viele der Stadt den Rücken gekehrt haben – so wie ich auch. Der Song beschreibt die ganz subjektive Sicht eines Dagebliebenen und eines Weggezogenen auf „sein Cottbus“. Mein bester Freund und Rapper-Kollege aus alten Cottbuser Jugendtagen – Mr Pinc – hat einen sehr gelungenen Part dazu beigesteuert.
Welchen Track hörst du selbst am liebsten?
ELO: Das ist tagesformabhängig, aber die Album-Single „Drive“ macht mir beim Hören richtig viel Spaß. Der Song liefert raptechnisch viel ab und fasst die Message des Albums gut zusammen. Er versprüht musikalisch genau das Lebensgefühl, mit dem ich mich identifiziere und das ich durch die Musik verkörpern möchte. Außerdem habe ich zu „Drive“ mein erstes Musikvideo gedreht. Einmal im Leben Porsche fahren: Check! Das hat extrem viel Spaß gemacht. Inhaltlich ist der Track „Diese Stimmen“ der wahrscheinlich wichtigste Song des Albums. Er ist der persönlichste, weshalb er mir am Ende des Tages auch am meisten bedeutet.
Dein Künstlername ELO bedeutet „Eloquent Lyrics Only“. Was steckt dahinter?
ELO: Dahinter steckt einerseits der Anspruch, den ich an mich selbst als Rapper und an meine eigenen Texte habe. „Ausschließlich wortgewandte Texte“ ist das Credo, mit dem ich jeden Text intuitiv schreibe. Das ist auch die Message, die ich an meine Hörer aussende und was sie erwarten können. Zum anderen steckt dahinter auch meine Erwartungshaltung an die Künstler und deren Musik, die ich selbst höre. Für mich sind Lyrics einfach ein Qualitätsmerkmal.
Für dein Album hast du mit vielen verschiedenen Künstlern zusammengearbeitet. Mit welchem Musiker würdest du gerne mal zusammenarbeiten?
ELO: Es gibt eine Menge krasser Rapper, über deren Musik ich viel gelernt habe und die mir mit ihren Texten in bestimmten Lebenssituationen weitergeholfen haben. Mach One aus Berlin gehört auf jeden Fall dazu. Seine Texte sind immer authentisch und lyrisch auf hohem Niveau. Zudem rappt er mit einer Lässigkeit, die ich mir selbst manchmal gerne wünsche. Ich glaube der ist auch ein sehr vielseitiger Musiker, von dem ich bestimmt noch einiges lernen könnte. Dann gibt es da noch Ali As, den ich extrem feiere. Er hat Wortspiele auf ein Level gebracht, wie ich es von keinem anderen Rapper kenne. Seine Technik ist extrem gut, seine Texte inspirieren sehr und seine Battle-Rap-Sachen knallen alles weg. Ich hatte mal einen kurzen Smalltalk mit ihm nachdem er einen Gig in Berlin gespielt hat. Er scheint auch abseits der Bühne ein sehr entspannter und respektabler Mensch zu sein.
Was kann man in der Zukunft noch von dir erwarten?
ELO: „Drive“ war der Startschuss und somit erst der Anfangspunkt meines musikalischen Schaffens. Das Konzept, der Titel und der erste Song für das nächste Album stehen bereits. Mein nächstes Projekt wird an „Drive“ anknüpfen, aber eine inhaltliche und musikalische Weiterentwicklung sein. „Drive“ war eine Reaktion auf äußere Lebensumstände und ein Herauskämpfen aus der Krise. Das nächste Album wird eher das „große Ganze“ im Blick haben und sich der Frage widmen, was man mit seiner begrenzten Zeit auf diesem Planeten am besten anstellt.