Die Alternative Rock-Band 7ieben veröffentlichte vor kurzem ihre Single-Auskopplung „Raus hier“. Für den Sommer 2023 kündigt die Band nach über zehn Jahren ihre EP „Überzeugungstäter“ an. Wir haben mit 7ieben über ihr Comeback, den Herausforderungen der aktuellen Zeiten und ihre Zukunftspläne gesprochen.
Gratulation zu eurem Comeback. Wie fühlt es sich an, gleich mit einer ganzen EP nach zehn Jahren zurück zu sein?
7ieben: Wir sind sehr glücklich, denn das ist ein großer Befreiungsschlag für uns. Es liegen jetzt lange Jahre hinter uns, in der die Hauptmission darin bestand, als Band und als kreative Gemeinschaft überhaupt zu überleben. Wir hatten eine echt tolle Zeit als Studentenband in den Nuller und frühen Zehnerjahren: mit drei Alben und mehreren hundert Konzerten. Dann kam der “Ernst des Lebens” und die Prioritäten lagen für die meisten von uns erstmal woanders. Wir sind trotzdem immer beisammen geblieben, haben vereinzelt Gigs gespielt und vor allem immer schön regelmäßig geprobt, haben dabei auch an unseren Songs gefeilt. Aber alles lief im Schneckentempo. Dann die Pandemie – und die Einsicht: Wir wollen wirklich unbedingt veröffentlichen, woran wir da so geschraubt haben. And here we are: mit einer EP in der Hand, mit der wir sehr glücklich sind, die 7ieben besser auf den Punkt bringt als jede Veröffentlichung zuvor.
Erzählt doch bitte einmal kurz, wie es zur Gründung von 7ieben kam und welche Bedeutung der Bandname hat?
7ieben: Wir haben uns im Jahr 2000 als junge, unerfahrene Studentenband gegründet. Es war eine wilde Mischung damals, mit zwei Sängern und Cello. Sieben Leute, die sich vor dem ersten Gig irgendwie auf einen Bandnamen einigen mussten. Die Geschichte ist so furchtbar trivial, dass man eigentlich lieber eine spektakuläre PR-Lüge erzählen sollte. Aber naja, so war es eben. Die Mannschaft hat sich dann über die Jahre immer mal wieder verändert und schließlich vor etwa zehn Jahren auf die heutige klassische Rockbesetzung ausgedünnt. Aber das Cello haben wir noch ziemlich lange dabei gehabt.
Seit eurem letzten Release hat sich einiges in der Musikindustrie verändert. Wie nehmt ihr als erfahrene Rockband das neue Streaming-Zeitalter wahr?
7ieben: Unsere Perspektive ist vielleicht ein bisschen ketzerisch, weil wir unseren Lebensunterhalt nicht mit Musik verdienen – und uns das ehrlich gesagt auch nicht mehr anders vorstellen können. Insofern hält sich unser persönliches Leid in Grenzen, wenn wir auf die lächerlichen Erlöse von Streams für die Musiker schauen.
Aber andererseits ist es einfach toll, wie vielen Menschen man seine Musik heute als “semiprofessionelle” Band einfach zugänglich machen kann. Wir haben viel Herzblut in die neue EP gesteckt, und die zentrale Motivation war, die Songs raus in die Welt zu bringen. Und die Anfang April erschienene Vorab-Single “Raus hier” haben jetzt schon weit mehr Menschen gehört, als das in der vermeintlich guten alten Zeit für eine Band ohne großes Label denkbar gewesen wäre. Dennoch: Letztendlich wünscht man sich natürlich eine Kulturlandschaft, in der es nicht nur für eine kleine Elite möglich ist, hauptberuflich Musik zu machen. Und da haben sich offensichtlich noch keine gut funktionierenden Lösungen eingespielt. Was aber auch nicht verwunderlich ist, schließlich befinden wir uns ja gerade inmitten viel größerer gesellschaftlicher Umwälzungsprozesse.
Auf der kommenden EP “Überzeugungstäter” geht es vor allem um die, wie ihr sagt, “Dynamik der digitalen Aufregungsgesellschaft”. Wie ist die Idee entstanden, diesem Thema gleich eine ganze EP zu widmen?
7ieben: Die längste Zeit unserer Bandgeschichte haben wir die typischen lyrischen Motive der Rockmusik bedient – von “Sex, Drugs and Rock’n Roll” über “Halt mich, ich falle” bis hin zu “Sie liebt mich, sie liebt mich nicht.” Mit dem Konzeptalbum “Lupus und Lea” war das dann irgendwie durchgespielt und wir wollten über die Dinge singen, die uns nicht nur im privaten, sondern auch im öffentlichen Leben beschäftigen. Für unseren Sänger war das ein langer, steiniger Weg. Er ist Sozialwissenschaftler und er tat sich schwer damit, Texte über Social-Media-Hypes, Empörungsgesellschaft oder das Paarungsverhalten im 21. Jahrhundert auf das Format von Rocksongs runterzubrechen. “Überzeugungstäter” soll aber keine Konzept-EP aus gesellschaftskritischen Protestsongs sein und ist es auch nicht. Es sind eher verschiedene persönliche Beobachtungen, zusammengehalten von einer thematischen Klammer: Nähe und Distanz im digitalen Zeitalter.
Die EP wurde von Produzent Fabio Trentini, der schon mit Guano Apes und H-Blockx arbeitete, veredelt. Wie lief die Produktion der EP bei euch ab und wie habt ihr Fabio kennengelernt?
7ieben: Unsere bisherigen Veröffentlichungen waren allesamt selbst produziert, und die Arbeit mit einem “richtigen” Produzenten stand schon lange auf unserer To-Do-Liste. Als wir uns während der Pandemie entschieden, das jetzt anzugehen, brachte Gitarrist Cort den Namen Trentini ins Spiel. Wir anderen waren skeptisch: Warum sollte sich so ein Starproduzent für die Ergüsse einer Dresdner Provinzkombo interessieren? Aber Cort ließ nicht locker und überzeugte den Rest schließlich, es wenigstens zu versuchen. Das stellte sich dann als ziemlich kluge Idee heraus, Fabio war sofort an Bord.
Die Produktion lief dann fast vollständig aus der Ferne ab, was pandemiebedingt ja auch gar nicht anders möglich war. Wir sind Song für Song vorgegangen. Fabio hat von uns die Einzelspuren der Proberaum-Demos zugeschickt bekommen und daraus ziemlich schlüsselfertig produzierte eigene Versionen gemacht. Dann gab es ein Zoom-Treffen zur Auswertung und Erklärung – und dann ging es mit dem nächsten Song weiter. Es war einerseits schade, das alles so auf Distanz zu machen. Andererseits konnten wir so aus diesem Prozess unheimlich viel mitnehmen. Unsere Einsichten aus Fabios Veränderung am ersten Song konnten wir direkt in das Demo des zweiten einfließen lassen usw. Fabio hat es merklich Spaß gemacht zu beobachten, wie wir an der Zusammenarbeit mit ihm wachsen.
Als die Demos dann fertig produziert waren, ging es ins altehrwürdige Horus Sound Studio nach Hannover. Dort hat Fabio Trentini viele Hit-Alben produziert und das Studio wird heute von seinem ehemaligen Zauberlehrling Arne Neurand geleitet. Arne hat uns in enger Abstimmung mit Fabio aufgenommen – bis auf die Gesänge. Um die aufzunehmen, sind die zwei Christophs danach in die Dolomiten zu Fabio gefahren. Das war ein ganz tolles Erlebnis, und es fühlte sich auch richtig an, sich nach so langer und so intensiver Zusammenarbeit doch noch persönlich kennenzulernen.
Wenn ihr einem eurer musikalischen Idole einen Song von der neuen EP vorspielen dürftet, welcher wäre das und warum genau dieser?
7ieben: Uff, das ist schwierig. Wir würden gern verschiedenen Idolen verschiedene Songs vorspielen, geht das auch? Wir würden gern Jan Plewka von Selig den Song “Keine Lust” vorspielen. Und Daniel Gildenlöw von den Progressive-Rock-Helden Pain of Salvation die ziemlich vertrackte “Wanderdüne”. Und VOLA die “Karawane”, denn das Teil ist durchaus von denen inspiriert. Aber Herbert Grönemeyer sollte in die Nummer auch unbedingt mal reinhören…
Ihr habt in der Vergangenheit über 300 Konzerte gespielt? Wann werden eure Fans euch wieder live erleben können?
7ieben: Wir planen eine kleine Tour für den Herbst 2023. Wir werden uns aber auch in den kommenden Jahren eher rar auf den Live-Bühnen machen, weil wir einfach nicht mehr die Freiheiten dafür haben, unsere ganze Zeit in Booking und Touren zu versenken. Aber wir werden natürlich auch nicht aufhören, live zu spielen. Schließlich ist es das, worum es am Ende geht.
Wie aufgeregt werdet ihr auf einer Skala von 1 bis 10 sein, wenn ihr nach einer so langen Pause wieder die Bühne rockt?
7ieben: Ist wie Fahrradfahren. Verlernt man nicht. Und völlig von den Bühnen verschwunden waren wir ohnehin nie. Aber wir freuen uns sehr drauf. Also: 7ieben von zehn.
Die Single „Raus hier“ von 7ieben ist auf allen Download- und Streamingplattformen verfügbar.
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